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Pressemitteilung zum „Berliner Neutralitätsgesetz“

Der Liberal-Islamische Bund begrüßt die Bestrebungen im Berliner Senat zur Änderung des „Berliner Neutralitätsgesetzes“ im Hinblick auf das Tragen von religiösen und weltanschaulichen Symbolen durch Lehrkräfte. Das Berliner Neutralitätsgesetz ist verfassungswidrig.

Wie das Bundesverfassungsgericht 2015 entschied, ist ein pauschales Verbot des Tragens von religiösen und weltanschaulichen Symbolen durch Lehrkräfte mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, da ein solches Verbot deren Glaubensfreiheit verletzt. Wie das Gericht betonte, spricht für einen derart intensiven Eingriff in die Glaubensfreiheit der Lehrerinnen und Lehrer insb. nicht die negative Glaubensfreiheit der Schülerinnen und Schüler. Denn: „Das Tragen einer religiös konnotierten Bekleidung ist nicht von vornherein dazu angetan, die negative Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Schülerinnen und Schüler … zu beeinträchtigen. Solange die Lehrkräfte nicht verbal für ihre Position oder für ihren Glauben werben und die Schülerinnen und Schüler über ihr Auftreten hinausgehend zu beeinflussen versuchen, werden diese lediglich mit der ausgeübten positiven Glaubensfreiheit der Lehrkräfte konfrontiert, was im Übrigen durch das Auftreten anderer Lehrkräfte mit anderem Glauben oder anderer Weltanschauung in aller Regel relativiert und ausgeglichen wird. Insofern spiegelt sich in der bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule die religiös-pluralistische Gesellschaft wider.“

Das Berliner Neutralitätsgesetz geht von einem falschen Neutralitätsverständnis aus.

Das Berliner Neutralitätsgesetz geht zudem von einem falschen Neutralitätsverständnis aus. Es definiert staatliche Neutralität im laizistischen Sinne. Ein laizistischer Staat ist aber gerade nicht neutral, da er Partei ergreift zugunsten von Areligiosität und sich von Religionen distanziert. Das Grundgesetz definiert staatliche Neutralität anders, nämlich als eine Religionen und Weltanschauungen gegenüber offene und übergreifende, nicht distanzierende Neutralität. Das Bundesverfassungsgericht umschreibt dies wie folgt: „Der ‚ethische Standard‘ des Grundgesetzes ist … die Offenheit gegenüber dem Pluralismus weltanschaulich-religiöser Anschauungen… In dieser Offenheit bewährt der freiheitliche Staat des Grundgesetzes seine religiöse und weltanschauliche Neutralität“ (1 BvR 63/68). „Die dem Staat gebotene religiös-weltanschauliche Neutralität ist … nicht als eine distanzierende im Sinne einer strikten Trennung von Staat und Kirche, sondern als eine offene und übergreifende, die Glaubensfreiheit für alle Bekenntnisse gleichermaßen fördernde Haltung zu verstehen“ (2 BvR 1436/02). Dies bedeutet, dass sich die Vielfalt an Religionen und Weltanschauungen auch bei den Angestellten des öffentlichen Dienstes zeigen darf – in Lehrkräften mit Kippa, Kopftuch, Kreuzkette, solchen, die keine Symbole tragen usw.

„Es ist längst Zeit, dass das verfassungswidrige Berliner Neutralitätsgesetz geändert und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Berlin umgesetzt wird.“

Nushin Atmaca, Vorsitzende des LIB

In Bundesländern, in denen religiöse und weltanschauliche Symbole durch Lehrkräfte getragen werden dürfen, wie etwa Rheinland-Pfalz, haben sich die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts formulierten Gedanken praktisch bewährt. „Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind fast drei Jahre vergangen. Es ist längst Zeit, dass das verfassungswidrige Berliner Neutralitätsgesetz geändert und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Berlin umgesetzt wird“, sagte Nushin Atmaca, Vorsitzende des LIB und Koordinatorin der Berliner LIB-Gemeinde.

DER VORSTAND, 11.01.2018

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