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Stellungnahme: Terrorakte im Ramadan

Der Monat Ramadan ist der heiligste Monat im islamischen Kalender. Es ist der Monat der inneren Einkehr, der Spiritualität, des Friedens. Es ist der Monat, in dem nicht nur unbedachte und verletzende Worte vermieden werden sollen, sondern in dem über Jahrhunderte die Waffen geschwiegen haben. Die letzten zehn Tage dieses Monats gelten als besonders heilig: in diesen Nächten öffnen sich die Himmel, die Engel sind den Menschen näher als sonst, und in einer der Nächte zwischen diesen zehn Tagen überbrachte der Engel Gabriel Muhammad zum ersten Mal das Wort Gottes, welches wir heute als Koran kennen. So bietet gerade der Monat Ramadan den Muslimen an, sich Gott zu nähern, die Verbindung zu ihm (wieder) zu entdecken und aufrechtzuerhalten.

In diesem Jahr haben Menschen, die sich als Muslime bezeichnen und sich auf das Wort Gottes berufen, diesen Monat und seine Bedeutung besudelt, indem sie töteten und mordeten. Indem sie gerade in den letzten zehn Tagen des heiligen Monats deutlich machten, dass sie blind, voller Hass und Fanatismus auf alle blicken, die anders sind als sie, pervertierten sie das Wort Gottes, das Gabriel Muhammad überbrachte und das – so schwer es manch einem von uns heute fallen mag, sich das vorzustellen – eine Botschaft des Friedens enthält.

Auch wenn Attentaten meist lokale und regionale Ursachen zugrunde liegen, so ist doch offensichtlich, dass sowohl Ausführende als auch Hintermänner die Religion benutzen, um ihre Taten zu legitimieren, um anderen das Recht auf Leben und Freiheit abzusprechen. Sie beten den Allmächtigen an und geben sich gleichzeitig Allmachtfantasien hin, indem sie Menschen das Leben nehmen und andere Menschen in Trauer und Unglück stürzen. Indem sie Tabu um Tabu brechen, nicht davor zurückschrecken, sich neben der Prophetenmoschee in die Luft zu sprengen und damit Millionen von Muslimen zu zeigen, dass sie auf sie als „Ungläubige“ herabblicken, die den Tod verdienen, nehmen sie gleichzeitig eine ganze Religion und ihre Anhänger als Geiseln. Es fehlt nur noch, dass sie die Kaaba in Mekka, die heiligste Stätte des Islams, in die Luft sprengen, weil diese in vorislamischer Zeit von Polytheisten verehrt wurde, bevor sie als wichtiger sakraler Bestandteil in den islamischen Glauben integriert wurde. Durch ihre grausamen Taten entlarven sie sich einmal mehr als Fratze der Gewalt und es bleibt zu hoffen, dass wir Zeugen des endgültigen Aufbäumens einer Hydra werden, deren fanatischer Hass sie letztlich selbst vernichten wird.Die Anschläge in den letzten zehn Tagen des Ramadan, bei denen in Mukalla (Jemen), in Istanbul, in Bagdad, in Dhaka (Bangladesch) und nun in Saudi-Arabien insgesamt hunderte Menschen getötet wurden, verhöhnen nicht nur die Spiritualität und Bedeutung des heiligen Monats, sondern auch das Recht auf Leben eines jeden Menschen. Sie verhöhnen die Schöpfung Gottes und damit den Schöpfer selbst.

Voller Trauer und Anteilnahme sind unsere Gebete und Gedanken bei den Toten und Verletzten und ihren Angehörigen.

06.07.2016, Nushin Atmaca, 1. Vorsitzende LIB e.V.

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