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Pressemitteilung zur drohenden staatlichen Förderung der Desiderius-Erasmus-Stiftung

Durch den Wiedereinzug der Alternative für Deutschland (AfD) in den Deutschen Bundestag droht, ausgehend von den bisherigen Regeln zur Förderung parteinaher Stiftungen, künftig eine Alimentierung der ihr nahestehenden Desiderius-Erasmus-Stiftung mit staatlichen Mitteln in Millionenhöhe. Als Religionsgemeinschaft und als zivilgesellschaftlicher Akteur, der sich für die Stärkung der Demokratie und gegen jegliche Form der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit einsetzt, sehen wir dies mit großer Sorge.

Es fehlt bisher an einer hinreichend klaren, ausdifferenzierten gesetzlichen Regelung hinsichtlich der staatlichen Förderung von parteinahen Stiftungen. Dabei wäre eine solche, um höhere Rechtsklarheit zu schaffen, zweckdienlich und angebracht, da hierdurch klarer die Voraussetzungen und Grenzen einer staatlichen Förderung geregelt werden könnten. Als eine essentielle rechtliche Voraussetzung für eine Förderung von antragstellenden parteinahen Stiftungen ist deren Verfassungstreue zu betrachten.

„Das Grundgesetz ist keine wertneutrale Verfassung.“

Waqar Tariq, Jurist und Berater des LIB-Bundesvorstands

Dazu erklärte Waqar Tariq, Jurist und Berater des LIB-Bundesvorstands: „Das Grundgesetz ist keine wertneutrale Verfassung. Im Gegenteil nimmt es insbesondere mit seiner Grundrechtsordnung, die auch als eine Werteordnung zu verstehen ist ‒ mit der Unantastbarkeit der Menschenwürde als oberstem Verfassungsprinzip ‒, eine klare Haltung gegen faschistische und sonstige menschenfeindliche Ideologien ein, versteht es sich doch als dezidierten Gegenentwurf zu der Ideologie des NS-Regimes, die es verarbeitet. Ebenfalls die historischen Erfahrungen aus der Weimarer Republik verarbeitend, hat der Verfassungsgeber aus guten Gründen unseren Staat als wehrhaften Rechtsstaat konzipiert. Mit diesen verfassungsrechtlichen Grundentscheidungen wäre es unvereinbar, förderte der Staat mit seinen Steuermitteln die politische Bildungsarbeit von Stiftungen, die seine freiheitlich-demokratischen Grundlagen durch Verbreitung von faschistischem, verfassungsfeindlichem Gedankengut unterminieren.“

Die Bildungsstätte Anne Frank hat zusammen mit Volker Beck, Lehrbeauftragter am Centrum für Religionswissenschaftliche Studien (CERES) der Ruhr-Universität Bochum und ehemaliger Bundestagsabgeordneter, ein Eckpunktepapier erarbeitet, das als nützliche Grundlage für eine Gesetzesinitiative dienen kann, die zeitnah und dringend erforderlich ist. Auf ihrer dazugehörigen Informationsseite stellt die Bildungsstätte dar, wie bei der Desiderius-Erasmus-Stiftung personelle und inhaltliche Verbindungen zu neurechten Personen und Positionen festzustellen sind.

„Unsere Demokratie ist nicht bloß von einer politischen Partei bedroht, sondern von einer verfassungsfeindlichen Ideologie.“

Odette Yilmaz, 1. LIB-Vorsitzende

„Es muss dringend verhindert werden, dass es zu einer Förderung der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung aus dem Staatshaushalt kommt“, sagte Odette Yilmaz, 1. Vorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes. „Der Hass und die Hetze der AfD folgen aus einem ideologischen Nährboden, und dieser muss trockengelegt werden. Unsere Demokratie ist nicht bloß von einer politischen Partei bedroht, sondern von einer verfassungsfeindlichen Ideologie. Wenn wir dies nicht erkennen, werden wir nur Symptome, nicht aber die eigentlichen Ursachen bekämpfen. Eine mit Millionensummen geförderte, finanziell hochpotente Stiftung, die der AfD nahesteht, könnte eine gefährliche Scharnierfunktion zwischen Partei und neurechter Szene einnehmen und wäre ein brandgefährlicher ideologischer Zuarbeiter für die AfD und für die neurechte Szene. Trotz akuten Handlungsbedarfs lässt die Politik in dieser Sache bisher bedauerlicherweise nicht das erforderliche Maß an Problembewusstsein erkennen.“

Die neue Bundesregierung muss die gesetzliche Regelung der staatlichen Finanzierung parteinaher Stiftungen zu ihren prioritären Aufgaben machen. Es wäre ein fataler Trugschluss, anzunehmen, dass Rechtsextremismus lediglich das Problem von Minderheiten wie z.B. Muslim*innen und Jüdinnen*Juden sei, die regelmäßig Opfer von Rassismus bzw. Antisemitismus in diesem Land werden. Rechtsextremismus gefährdet alle Bürger*innen, die sich für demokratische Werte einsetzen, wie spätestens der Mord an dem Politiker und Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke auf tragische Weise verdeutlicht hat.

DER VORSTAND, 09.11.2021

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