Der Liberal-Islamische Bund (LIB) vereint und repräsentiert muslimische Bürger*innen, die sich mit ihrem liberalen Verständnis des Islams in den bisherigen Debatten und politischen Prozessen in Deutschland nicht angemessen vertreten sehen. Damit richtet sich der LIB mit seinen Inhalten und Forderungen sowohl an die Gesamtgesellschaft als auch an die Politik. Zudem möchte er dazu beitragen, eine (längst überfällige) innermuslimische Diskussion anzustoßen. Viele Muslim*innen, die in Deutschland bzw. in Europa heimisch sind, fühlen sich nicht mehr (allein) durch das Islamverständnis der Herkunftsländer ihrer Eltern angesprochen. Ihr Lebensmittelpunkt ist Deutschland/Europa. Innerhalb der pluralistischen Gesellschaft in Deutschland und Europa stellen sie eine nicht unbeträchtliche Gruppe dar, die ihr Recht auf öffentliche Wahrnehmung ebenso wie die damit einhergehende Verantwortung wahrnehmen möchte.
Die theologische Basis für die Repräsentanz von liberalen Muslim*innen in Deutschland lässt sich auf einen gemeinsamen Nenner bringen: die Schahâda – das islamische Glaubensbekenntnis. Dieses bezeugt den Glauben an den Einen Gott sowie den Glauben an Muhammad als Gesandten Gottes. Bei allem, was über diesen Kern hinausgeht, darf dogmatische und kulturelle Einheit weder Ziel noch Voraussetzung sein. Generell setzt sich der LIB dafür ein, dass Muslim*innen Koran und Sunna frei von Angst, nach eigenem Gewissen und offen interpretieren dürfen. Er fordert die Akzeptanz und Gleichbehandlung unterschiedlicher und selbstbestimmter Lebensgestaltungen entlang der Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und ist überzeugt, dass die Förderung eines innerislamischen Pluralismus gleichzeitig einen Beitrag zu einer pluralistischen deutschen/europäischen Gesellschaft insgesamt leistet.
Der LIB ist parteiunabhängig. Er ermutigt seine Mitglieder, an Gesellschaft und Politik in Deutschland/Europa zu partizipieren, und will sie dabei unterstützen. Dabei sind das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung sowie die Befürwortung der Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit aller Geschlechter selbstverständliche Voraussetzungen für die Repräsentanz liberaler Muslim*innen. Zur politischen Partizipation gehört auch das Engagement gegen Rassismus, gegen Islamfeindlichkeit und gegen Antisemitismus. Aus dem pluralistischen Bekenntnis folgt ebenfalls, dass ein exklusiver Wahrheitsanspruch gegenüber anderen Religionen reflektiert, relativiert oder gar auf diesen verzichtet werden sollte.
Video-Vortrag zur inhaltlichen Vorstellung des Liberal-Islamischen Bundes
Eine Übersicht über die Themen des Vortrags finden Sie hier in der Video-Beschreibung
Grundsätze & Ziele
Liberal-islamisch bedeutet …
- tiefe Gläubigkeit, die davon ausgeht, dass Gott der Herr unseres Lebens ist, an dem sich unser persönlicher Alltag ausrichtet.
- für eine freie und selbstbestimmte Lebensgestaltung in Verantwortung vor dem Schöpfer einzutreten.
- auf eine vernunftoffene Gläubigkeit zu vertrauen, der Verstand ist ein Geschenk Gottes.
- eine theologische Reflexion zu pflegen, um zu einer zeitgemäßen und lebensnahen Auslegung des Islams zu gelangen – dabei historische, kulturelle, biographische und soziale Kontexte zu berücksichtigen.
- nicht (bloß) nach der Form, sondern zuvörderst nach dem Sinn zu fragen.
- nicht Beliebigkeit.
- Entwicklung und Wandel als gesellschaftliche Dynamik anzunehmen.
- Entmythologisierung als mögliche Hilfestellung zur Unterscheidung von Wesentlichem und Unwesentlichem zu sehen.
- anderen Positionen mit Respekt und Wertschätzung zu begegnen.
- Widersprüche aushalten und dennoch das Einende sehen zu können.
- jedweden Absolutheitsanspruch zu reflektieren, zu relativieren oder gar darauf zu verzichten.
- das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit vorauszusetzen.
Der LIB verfolgt im Wesentlichen folgende Ziele:
- Religionspflege.
- Repräsentation von liberalen Muslim*innen als organisierte Stimme.
- Etablierung als Ansprechpartner in theologischen und religionspolitischen Fragen u.a. für Staat, Politik, Gesellschaft, Medien und Wissenschaft.
- Teilnahme am öffentlichen Meinungsbildungsprozess, insbesondere in theologischen und religionspolitischen Fragen.
- Einführung eines flächendeckenden islamischen Religionsunterrichts in deutscher Sprache an öffentlichen Schulen.
- Kompetenzförderung durch Vermittlung theologischen Fachwissens.
- Durchführung von Idschtihâd.
- Öffnung der Universitätslandschaft für islamische Belange.
- Förderung eines offenen wissenschaftlichen Diskurses, insbesondere durch Etablierung von Lehrstühlen für islamische Theologie an staatlichen Universitäten.
- Förderung von Geschlechtergerechtigkeit (sowohl pädagogisch als auch theologisch).
- Etablierung eines interreligiösen Diskurses in alle Richtungen.
- ein gemeinsames Vorgehen gegen Islamfeindlichkeit, Rassismus, Extremismus, Antisemitismus, andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sowie gegen jegliche Diskriminierung von Minderheiten.